Requisite und Kostüm für „Schwarze Zukunft“

Vor mehr als einem Jahr war ich Tessa Hart auf der May Ayim-Gedenkverstaltung im Literarischen Colloquim Berlin begegnet, weil wir beide Texte aus „Sisters and Souls 2“ lasen/performten. Als ich den Call nach einee Requisitenperson für Tessa’s Stück „Schwarze Zukunft“ von Goblin Baby Co entdeckte, meldete ich mich sofort. LOL, ich hatte völlig überlesen, dass dies auch Verantwortung für die Kostüme des Stückes bedeuten würde. Ich beschloss eine Person zu finden, die mir bei eventuellen Näharbeiten helfen kann, denn my sewing skills are zero. Und ich verließ mich uneitel auf Tessas eigene Vorschläge – wie zB beim Kauf der schilfgrünen Onesies der Schauspielenden.

Über das Stück: „Schwarze Zukunft – eine afrofuturistische Märchenstunde – oder vielleicht auch nicht“ spielt – wie im Titel bereits preisgegeben – mit dem Genre des Afrofuturismus. Die drei Charaktere „Präsentation“ (Tessa Hart) und „Erzählung“ (Camilla Vengo Kinzonzi) und „Sprache“ (Ngako Keuni) spielen mit den Rollen während einer typischen Theateraufführung (meta!) bei der einiges unvollkommen scheint. Und sie philosophieren miteinander in verschiedenen ineinander verschachtelten Welten. Sie tauschen sich aus über die Suche nach sich selbst, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, und stellen Fragen nach Wahrheit. Sie begegnen Kreaturen oder einer Kreatur.

Eine andere Kreatur erscheint, oder vielleicht ist es dieselbe?

aus „Schwarze Zukunft – eine afrofuturistische Märchenstunde – oder vielleicht auch nicht“

Meine Lieblingspassagen aus dem Stück sind:

Sprache: Wir müssen ein echtes Märchen erzählen.
Präsentation: Wie kann ein Märchen echt sein?
Erzählung: Wie kann ein Märchen nicht echt sein?

[…]

Such einfach deinen Weg im Schwarzen.

[…]

Erzählung: Ich will keine Fragen oder Suchen oder Vielleichts oder Märchen mehr.
KREATUR: Sondern?
Erzählung: Die Wahrheit.
KREATUR: Die Fragen und Suchen und Vielleichts und Märchen gehören zur Wahrheit dazu.

[…]

Erzählung: War es schwarz?
Präsentation: Selbstverständlich.
Sprache: Wie könnte etwas nicht schwarz sein.

aus „Schwarze Zukunft – eine afrofuturistische Märchenstunde – oder vielleicht auch nicht“

Im Stück spielt ein übergroßes Buch eine Rolle. Ich hatte einen wunderbaren kreativen Flash, als ich das Buch im Collagestil und Folding Paper-Technik auf Styropor gestaltet habe. Tessas Wunsch war, dieses zeitlos und ohne Limitierung auf ein bestimmte (Kolonial)sprache zu gestalten. Extra challenge und tiny spoiler: das Buch wird im Stück zerrissen, also sollte zwischen den Vorstellungen leicht wieder zusammenzusetzen sein. Zum Glück gab mir Tessa den Tipp mit Klett zu arbeiten.

Fotodokumentation von Yero, dessen ausdruckstarke Bilder zur Zeit in der Einzelausstellung „Black in Berlin“ zu sehen. Go see it, if you can.
Tessa Hartig und Camilla Vengo Kinzonzi

Ich hatte mit einem Motiv gearbeitet, das auch Thais Nepomuceno in der eigens kreierten „Schwarze Zukunft“-Videoinstallation verwendete. Wir waren zeitgleich am Werk und sind uns aufgrund von Umständen erst in der Aufführungswoche begegnet, um uns über die überraschende (is it?) Parallele zu freuen.

Die Kostüme nahmen für mich eine unerwartete Form an. Ich meine, unerwartet nach meinen ersten Assoziation mit Afrofuturismus. Die Onesies strahlen Comfort und gedämpftes Waldgrün aus und ja, tragen den Look des Stücks. Nach anfänglichem Austausch bei der Textlesung mit Tessa, Ngako und Camilla, entstand die Idee, die Kapuzen mit Beads auszustatten, die Erzählung, Sprache und Präsentation im Stück aufsetzen, um sich in Kreaturen zu verwandeln. I loved the effect. Und ich liebe, wie die Kostüme ein klein wenig, das Spiel auf der Bühne inspiriert haben. Die Perlen und Schnüre habe ich bei Takaay in Berlin Kreuzberg gekauft, ein Black Business – kleine Empfehlung.

Ngako Keuni

Ich baute ein N’ko-Schriftzeichen für das Ende eines Abschnitts mit ein, im Buch sowie auf den Sohlen der Socken – um auf ein typisches Element von (Märchen-)erzählung Bezug zu nehmen.

Von Ekirahardian – Eigenes Werk, OFL

Vielleicht ist das Symbol niemensch im Publikum aufgefallen. That’s okay und eine kleine versteckte Freude für mich 😀 Ich habe vergessen Nahaufnahmen der Socken und Buchseiten zu machen, finde noch heraus, wie ich im kreativen Fluss daran denken kann, zu dokumentieren.

Behind the scenes – Soloelternrealität:

It takes a village to give solo caretakers some creative freedom and joy.

Landouma 🙂
  • Ich war mega erschöpft in der Zeit der Produktion. Seit über einem Jahr versuchte ich mit Kleinkind in Berlin Fuß zu fassen und wir zogen von Zwischenmiete zu Zwischenmiete.
  • Ich brauchte Support von meiner Schwester und (Stief)Papa, die 2,5 Stunden entfernt auf dem sächsischen Land leben. Was bin ich dankbar, dass mein Papa nach Berlin anreiste, um mir mit fieberndem Kind zu helfen und dass ich selbst aufs Land fahren konnte, als ich dann ebenfalls Fieber bekam.
  • In der Woche vor der Aufführung war mein Papa zu Besuch in Berlin, um auch mein Kind aufzupassen, fürs Aus-der-Kita-abholen und um sein Auto für 2 Requisitenfahrten zur Verfügung zu stellen. Ja, und dann hat mein Papa einen übergroßen Stift mit den Materialien aus dem Zuhause auf dem sächsischen Land gebastelt, wurde als kurz und für ihn bestimmt unverhofft Teil meines kleinen Requisitenteams 😀
  • Tessa war immer verständnisvoll, als ich einige Zeit ausgefallen bin und in Folge ziemlich knapp Requisite und Kostüm zusammenkamen. Trotzdem hatte ich nie das Gefühl unter Druck gesetzt zu werden oder mich für meine Lebensrealität rechtfertigen zu müssen <3 Ein Geschenk.
  • Das Motiv der Sonne im übergroßen Buch ist nicht nur vom Afrofuturismus inspiriert, sondern auch von meinem Kind, dass mich über Wochen hinweg auffordert „Mal mir eine Sonne“. Ich schätze ich habe in der Zeit der Produktion über 100 Sonnen gemalt. Ja!

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